Wenn der Netzbetreiber die Einspeisung von EEG- und KWK-Anlagen reduziert, spricht man von Einspeisemanagement. Dies ist nötig, da mit der steigenden Anzahl dieser Anlagen auch die Menge an eingespeister Energie wächst. Bei windstarkem oder sonnenreichem Wetter sowie gewissen technischen Umständen stößt das Elektrizitätsnetz verstärkt an seine Kapazitätsgrenze. Der erzeugte Strom kann somit zu bestimmten Zeiträumen nicht mehr abgenommen und die Anlagen müssen, für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit, geregelt werden.
Betroffene Anlagen
Anlagenbetreiber aller EEG- und KWK-Anlagen mit einer installierten Leistung von ≥ 100 kW sind verpflichtet, diese technisch so auszustatten, dass der Netzbetreiber die Einspeiseleistung bei Netzüberlastung ferngesteuert reduzieren und die jeweilige Ist-Einspeisung abrufen kann.
Photovoltaikanlagen ≥ 30 kWp und < 100 kWp:
- Inbetriebnahme bis 31.12.2008: –
- Inbetriebnahme ab 01.01.2009: ferngesteuerte Reduzierung
Photovoltaikanlagen < 30 kWp:
- Inbetriebnahme bis 31.12.2011: –
- Inbetriebnahme ab 01.01.2012: Wahlrecht des Anlagenbetreibers
- ferngesteuerte Reduzierung - oder -
- Wirkleistungseinspeisung dauerhaft auf 70 % der installierten Leistung begrenzen
Redispatch 2.0
Mit dem im Mai 2019 in Kraft getretenen Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG 2.0) werden die Vorgaben zum Einspeisemanagement nach dem EEG und dem KWKG in ein einheitliches Redispatch-Regime (Redispatch 2.0) nach §§ 13, 13a, 14 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) überführt. Dies ist ab dem 1. Oktober 2021 umzusetzen und betrifft alle Erneuerbare-Energien- und Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen, konventionelle Energieerzeugungsanlagen und Speicher ab 100 kW sowie jederzeit fernsteuerbare Erzeugungsanlagen. Daraus ergeben sich neue Anforderungen für alle Marktpartner.
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat zu den genauen Datenlieferverpflichtungen und zu den Redispatch-Prozessen mehrere Festlegungen veröffentlicht, die durch alle Marktakteure verbindlich einzuhalten sind. Im BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. wurden branchenweit die zukünftigen Prozesse erarbeitet und in einer Branchenlösung dokumentiert. Diese und weitere Informationen zum Redispatch 2.0 finden Sie auf der Internetseite des BDEW unter www.bdew.de/energie/redispatch-20 sowie auf www.bundesnetzagentur.de.
Die grundlegenden neuen Anforderungen an betroffene Anlagenbetreiber sind:
- Ausübung der Marktrolle Betreiber der technischen Ressource (BTR) oder alternativ Beauftragung eines Dritten
- Ausübung der Marktrolle Einsatzverantwortlicher (EIV) oder alternativ Beauftragung eines Dritten
- Wahl des Abrufverfahrens (Duldungsfall oder Aufforderungsfall)
- Wahl des Bilanzierungsmodells (Planwert- oder Prognosemodell)
- Wahl des Abrechnungsmodells (Pauschal-, vereinfachtes Spitz- oder Spitzverfahren)
- Erfüllung der Datenlieferungspflichten gemäß Festlegungen der BNetzA
FAQ – häufige Fragen und Antworten zum Redispatch 2.0
- Bereitstellung von Stammdaten und Bewegungsdaten:
Festlegungen über die Informationsbereitstellung wurde durch die Bundesnetzagentur in BK6-20-061 (https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Beschlusskammern/1_GZ/BK6-GZ/2020/BK6-20-061/BK6-20-061_beschluss.html) getroffen.<br> - Festlegung der Abrufart für die Leistungsreduzierung (Aufforderungsfall oder Duldungsfall):
Erläuterungen sowie Voraussetzungen für die Modelle bzw. Verfahren finden Sie in Anlage 1 der BK6-20-059 (https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Beschlusskammern/1_GZ/BK6-GZ/2020/BK6-20-059/BK6-20-059_Beschluss.html) der Bundesnetzagentur.<br> - Festlegung des Bilanzierungsmodells (Planwertmodell oder Prognosemodell):
Prozesse zu Bilanzierung und Abrechnung sind in Anlage 2 und Anlage 3 der BK6-20-059 (https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Beschlusskammern/1_GZ/BK6-GZ/2020/BK6-20-059/BK6-20-059_Beschluss.html) der Bundesnetzagentur sowie in den Anwendungshilfen des BDEW (www.bdew.de/service/anwendungshilfen) festgelegt.
Die Identifikatoren für TR und SR werden entsprechend der Bildungsvorschrift durch die Codevergabestelle des BDEW an den Netzbetreiber vergeben und bestehen aus einer 11-stelligen, alphanumerischen ID-Nummer. Der Netzbetreiber muss die TR-ID, die SR-ID und die Zuordnung dieser Identifikatoren zu den Erzeugungsanlagen an den Anlagenbetreiber übermitteln. Der Anlagenbetreiber übermittelt diese an seinen Einsatzverantwortlichen (EIV). Stimmt der EIV der TR/SR-Zuordnung nicht zu, erfolgt eine bilaterale Abstimmung mit dem Netzbetreiber.
Der Datenaustausch wird über die Austauschplattform Connect+ (Rolle des Data Providers) abgewickelt. Des Weiteren hat der EIV Aufforderungen zur Anpassung des Anlageneinsatzes zur Unterstützung des Netzbetriebes umzusetzen. Die Rolle wird vom Anlagenbetreiber wahrgenommen, soweit dieser keinen Dritten mit der Wahrnehmung beauftragt. Wir als Ihr Anschlussnetzbetreiber können die Rolle des EIV nicht übernehmen.
Die Marktpartner-ID kann auf der Website der Vergabestelle des BDEW beantragt werden. Beauftragt der Anlagenbetreiber einen Dritten mit der Wahrnehmung der Rollen des BTR und des EIV, ist keine Beantragung der Marktpartner-ID durch den Anlagenbetreiber erforderlich. Dies muss dann der Beauftragte tun, sofern nicht bereits erfolgt.
Im Redispatch 2.0 wird jedoch unterschieden, wer die Redispatch-Maßnahme umsetzt. Es werden der Aufforderungsfall und der Duldungsfall unterschieden. Im Aufforderungsfall muss der Einsatzverantwortliche (EIV) den Einsatz an seiner Anlage selbst umsetzen („Der Anlagenbetreiber wird vom Netzbetreiber zur Regelung aufgefordert.“). Beim Duldungsfall regelt der Anschlussnetzbetreiber die Anlagen („Der Anlagenbetreiber muss die Regelung des Netzbetreibers dulden.“).
Der Duldungsfall entspricht dem heutigen Einspeisemanagement „EinsMan“. Die Wahl der Abrufart (Aufforderungsfall/Duldungsfall) wird über die Austauschplattform Connect+ durch den EIV an den Netzbetreiber übermittelt. Liegt dem Netzbetreiber keine Zuordnung zu einer Abrufart vor, wird die Anlage dem Duldungsfall zugeordnet.
Im Planwertmodell muss der EIV Anlagenfahrpläne (Erzeugungsprognosen) für jede Technische Ressource (TR) mindestens am Vortag an den Netzbetreiber übergeben. Um am Planwertmodell teilnehmen zu können, muss der EIV die Voraussetzungen des „Kriterienkatalog Planwertmodell“ (Anhang zu Anlage 1 zum Beschluss BK6-20-059 der Bundesnetzagentur) erfüllen. Erzeugungsanlagen mit einer Leistung ab 10 Megawatt müssen am Planwertmodell teilnehmen.
Im Prognosemodell wird die Erzeugungsprognose vom Netzbetreiber durchgeführt. Es müssen somit keine Anlagenfahrpläne an den Netzbetreiber übermittelt werden. Dem Prognosemodell werden alle Anlagen zugeordnet, die sich nicht im Planwertmodell befinden.
In der Spitzabrechnung wird die Ausfallarbeit auf Basis von anlagenscharfen Wetterdaten dynamisch je Viertelstunde ermittelt. Im Redispatch 2.0 besteht zudem die Möglichkeit eine vereinfachte Spitzabrechnung („Spitz Light“) zu nutzen, falls keine eigene Messung der Wetterdaten an der Erzeugungsanlage vorhanden ist. Die Wetterdaten in diesem Verfahren werden dabei nicht direkt an der Erzeugungsanlage gemessen, sondern stammen von Dritten (bspw. Wetterdienstleister oder dem Netzbetreiber). Die Wahl der Abrechnungsmethode obliegt Ihnen als Anlagenbetreiber.
Weitere Informationen finden Sie in der BDEW-Anwendungshilfe Einführungsszenario Redispatch 2.0 im Zusammenhang mit der Bundesnetzagentur-Festlegung BK6-20-059. Das Abrechnungsmodell ist zudem abhängig vom Bilanzierungsmodell und der Art der Energieerzeugung.
Anlagen mit wetterabhängiger Erzeugung (Photovoltaik, Wind)
Bilanzierungsmodell |
Planwertmodell |
Prognosemodell |
Abrechnungsvarianten |
Pauschal |
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vereinfachte Spitzabrechnung (Spitz Light) |
vereinfachte Spitzabrechnung (Spitz Light) |
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Spitzabrechnung |
Spitzabrechnung |
Anlagen mit wetterunabhängiger Erzeugung (KWK, Biomasse u. Ä.)
Bilanzierungsmodell |
Planwertmodell |
Prognosemodell |
Abrechnungsvarianten |
Spitzabrechnung |
Pauschal |